"Van der boychdrucker kunst"

    • Offizieller Beitrag

    :)

    so lautet ein Kapitel, nachzulesen in "Die Cronica van der hilliger Stat Coellen",
    eine Inkunabel von Johann Koelhoff aus dem Jahre 1499.

    Nachdem Orthogonal den interessanten Bereich "Schwarze Kunst" in unser Unterforum "Bücher,Comix,Romane,Papiere" einfügen ließ, dachte ich, dass ein Hinweis auf dieses Kapitel der Köln-Chronik interessant sein könnte.

    Van der boychdrucker kunst, Wanne, wae ind durch wen is vonden dye unuyssprechlich nutze kunst boicher tzo drucken...
    ...Item wie wail die kunst is vonden zo Mentz, als vurss is, up die wise
    als dann nu gemeynlich gebruicht wird, so is doch die eyrste vurbyldung
    vonden in Holland viss den Donaten, die daselfist vur der tzi jt gedruckt
    syn, etc...
    ...der eyrste vynder der druckerye is gewest eyn Burger tzo Mentz ind was geboren van Straissburch. ind hiesch joncker Johan Gudenburch....

    Hier nun ein kurzer Artikel über den ersten Buch-Drucker in Köln: Ulrich Zell, der für die Aussagen in diesem Kapitel der Köln-Chronik als Gewährsmann verantwortlich zeichnet:

    Zitat: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/persoenlichkei…aspx?print=true

    Ulrich Zell (gestorben bald nach 31.8.1507), Drucker

    Der aus Hanau stammende Ulrich Zell war der erste in Köln tätige Drucker.
    Das Geburtsdatum ist unbekannt. Zell erhielt nach einem Studienaufenthalt an der Erfurter Universität (1453) in Mainz vermutlich bei Peter Schöffer (um 1425-um 1503), dem Erstgesellen und „Nachfolger“ Johann Gutenbergs (um 1400-1468), die Ausbildung als Drucker. Am 17.6.1464 trug er sich in die Matrikel der Universität zu Köln ein, um an deren Privilegien teilzuhaben. Neuere Forschungen weisen darauf hin, dass die Anfänge seiner Tätigkeit doch in engerem Konnex mit der Universität stehen, als bislang angenommen: Seine frühen Cicero-Drucke gehen überein mit den Bemühungen der Universität, diesem Autor besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Zells erster datierter Druck stammt von 1466. Eine kluge Auswahl von kleineren Texten aus dem Bereich der Theologie und der klassischen Autoren, deren Herstellung arbeits- und kostenmäßig überschaubar war, brachten die Offizin in Schwung und er kam dadurch relativ schnell zu Wohlstand und Ansehen. Davon zeugen seine Grundstücks- und Rentenkäufe sowie seine zunehmende Einbindung in die städtische Gesellschaft, beispielsweise die Wahl zum Kirchmeister seiner Pfarrei St. Maria Lyskirchen. Gleich nebenan hatte er im Haus Lyskirchen seine Druckerei. Die Pfarrpatronin „Madonna mit dem Kind“ und mit der Umschrift apud Lyskirchen verwendete er als Druckersignet. Seine gesellschaftliche Etablierung äußerte sich ebenso in der Eheschließung mit Katharina Spangenberg aus einem angesehenen Patriziergeschlecht. Severin Corsten hat in einer sehr differenzierten Studie die Druckproduktion Zells und ihre daraus resultierenden möglichen Erlöse mit den nachweisbaren Vermögensentwicklungen in eine interessante Korrelation gebracht (Corsten, Ulrich Zell als Geschäftsmann).
    Seine Ausstattung mit Drucktypen war – auch geschuldet durch seine über 40-jährige Tätigkeit - mit 13 verschiedenen Typenalphabeten (davon sechs Textschriften) - relativ üppig und stets bescheiden, sicher abhängig von seinem Verlagsprofil (vgl. Vouilliéme), das zeitlebens vor allem durch die Werke der Kirchenväter und bedeutender Theologen (Augustinus, Johannes Chrysostomos, Thomas von Aquin, Johannes Gerson und anderer), durch Theologica practica und Klassikerausgaben geprägt war. Erst in den 1490er Jahren öffnete er sich volkssprachlichen Texten, publizierte vor allem die so genannten Passien, also schlichte Heiligenlegenden (Barbara, Dorothea, Margareta), aber auch den deutschen Cato im Wechsel mit Johann Koelhoff (vgl. Corsten, Zells deutschsprachige Drucke; Schmitz, Überlieferung). Durch ihre streng gleichmäßige Gestaltung mit einem identischen und allgemein gehaltenen weiblichen Heiligenbild auf der Vorderseite, das durch auswechselbare Heiligenattribute (Turm usw.) zu einem speziellen wurde, wurden sie so etwas wie das Markenzeichen des volkstümlichen Buchdrucks in der Kölner Wiegendruckzeit.nach obenDamals ging es ihm nach dem Ausweis der wirtschaftlichen Quellen (Abstoßen von Renten ab 1487, Hypothekenaufnahme auf seine Häuser) schon nicht mehr so gut. Das wird damit zusammenhängen, dass es bis 1500 unter der ungewöhnlich großen Zahl von 100 Druckern in Köln auch einige sehr leistungsfähige gab, mit denen Zell nicht mithalten konnte. So war er an den Texten, die speziell für den Gebrauch in der Kölner Universität und ihren Bursen bestimmt waren, nur noch am Rande beteiligt. Dennoch zeigt die so genannte Koelhoffsche „Chronica der hilligen stat van Coellen“ von 1499 in dem berühmten Kapitel (Von der boychdrucker kunst) über die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg, für die Zell ausdrücklich vom anonymen Verfasser als Hauptquelle genannt wird (hait myr muntlich vertzellt der Eirsame man Meyster Vlrich tzell van Hanauwe, boichdrucker zo Coellen noch zertzijt. anno MCCCCxicix. durch den die kunst vurz is zo Coellen komen) sein hohes Ansehen unter den Standesgenossen als einer der deutschen Prototypographen. Arm war Zell auch am Ende seiner Tage nicht. Er starb bald nach dem 31.8.1507.
    Sein Sohn Johann, der 1488 in den Kölner Matrikeln verzeichnet ist, erbte ein beachtliches Vermögen, das er durch den Verkauf der Offizin offenbar noch vermehren konnte. Dieser Verkauf ist quellenmäßig nicht fassbar, aber wir finden beispielsweise Zells Type 11 in der Folgezeit bei dem Münsteraner Typographen Lorenz Bornemann (vgl. Corsten, Bornemann), andere Typen bei den Kölnern Hermann Gutschaiff und Servas Kruffter. Neuere Forschungen bringen Christoph Zell (16. Jahrhundert) als Nachfahren mit Ulrich in Verbindung (vgl. Meurer/Schilder).

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    Nun möchte ich noch einige Worte zu meiner Köln-Chronik verlieren.
    Vor vielen Jahren besuchte ich einen Kölner Flohmarkt und sah ein altes Buch, welches von einem Händler aus Hagen angeboten wurde. Mich traf fast der Schlag, als ich sah, dass es sich um "die Cronika van der hilliger Stat Coellen" handelte. Nach kurzer Durchsicht stellte ich zu meinem Bedauern fest, dass die Vandalen, Berserker, Raubgräber und Barbaren über das Buch hergefallen waren und es "ausgeschlachtet" hatten. Alle die wunderbaren ca. 80 Holzschnitte waren herausgetrennt.
    Aber der Text war ja noch da! Und so erbarmte ich mich des Buches, erwarb es und brachte es später zu einem Buchrestaurator eines Klosters, der innert 5 Jahren die Schäden im Buch restaurierte. Nun habe ich zwar eine Köln-Chronik, muss aber, wenn ich die Bilder sehen will, auf den Reprint des Friedrich Wittig Verlages Hamburg von 1982 zurückgreifen.
    Anbei einige Bilder:

  • Lieber Winfried,

    so unuyssprechlich die Druckkunst um 1500 war, so sehr ist es die Wirkung dieses Buches heute. Voller Ehrfurcht habe ich die Bilder betrachtet. Dante hätte mit großer Wahrscheinlichkeit einen eigenen Kreis in der Hölle für Menschen eingeführt, die solche Bücher fleddern. Umso schöner ist es zu sehen, dass es nun einen guten Platz gefunden hat. Durch die Restaurierung hast du dem Buch neues Leben eingehaucht und es für die Nachwelt gesichert.

    Dass Gutenberg mit dem Drucken von Donatus schnelles Geld gemacht hat, hatte ich zwar vor Jahren gelesen, aber schon wieder halb-vergessen. Erst durch deinen Artikel kam die Erinnerung wieder. Die Holland-Sache ... Das ist ein großes Thema und soweit ich weiß ein offenes. In welchem Jahr der Buchdruck nun erfunden wurde und wo genau ist strittig.

    Gutenberg verließ ja erst 1444 Strassburg und ging danach (vermutlich, die Jahre bis 1448 sind nicht überliefert) nach Mainz und soll dort dann mit den beweglichen Eisenlettern gearbeitet haben. Nur gibt es seine Donate schon aus der Zeit vor 1440 aus Holland, aber eben nur als Tafeldruck belegt. Dass er schon in Strassburg gedruckt hat ist klar, dass er dort schon die beweglichen Letter verwendet hat, halte ich für sehr unwahrscheinlich.

    • Offizieller Beitrag

    :-):-)

    Vielen Dank, lieber Ortthogonal,

    für Deine Stellungnahme.
    Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass von der Wissenschaft noch nicht
    eindeutig bewiesen werden konnte, wann und wo der Buchdruck nun eindeutig zum
    ersten Male Verwendung fand.

    Die Lebensumstände, die sich aus dem Druckvorhaben der Köln-Chronic für
    Johann Koehlhoff ergaben, waren für ihn nicht einfach. Er hatte wohl gehofft, sich mit
    seiner Chronic ein stabiles finanzielles Polster zu sichern, das Gegenteil war der Fall. Man
    kann sagen, dass für Koehlhoff der Druck der Köln-Chronik mit seinem finanziellen Ruin ausging.

    Liebe Grüße Winfried


    Mein Avatar zeigt ein Narrenflötchen des 16. Jahrhunderts aus dem Töpferort Raeren.

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