Sehr alte Truhe

  • Hallo konnte diese Truhe vor einiger Zeit vor dem Müll Rettten. Sie soll aus dem Sudetenland stammen und wurde von vertriebenen mit in die neue Heimat gebracht. Die Nachkommen dessen hatten für das Stück kein Interesse und ich konnte es zum Glück noch Retten bevor es auf dem Sperrmüll gelandet wäre. :D
    Nun wollte ich fragen aus welcher Zeit sie genau Stammt und Woher?
    Sieht für mich sehr alt aus ,auch das Schloss und die Bänder hab sowas vorher noch nie gesehen. Nun bitte ich euch um mithilfe vielen Dank und Grüße.

  • Zum Schloss kann ich nichts sagen, sieht für mich auf den allerersten Blick von "außen" so Richtung 1800 aus, von "innen" irgendwie jünger. Mag mich nicht festlegen, ob das Schloss nur "auf alt" gemacht ist oder es später immernoch solche Formen gab. Die Scharniere sind mal repariert (gelötet) worden, oder?
    Holz ist so auf die Ferne wahrscheinlich Kiefer. Was mich stutzig macht, ist, dass die Fraßgänge teilweise offenliegen. Das deutet auf die Wiederverwendung von älterem Holz hin (oder auf ein Herunterschleifen bei einer Überarbeitung). Der Deckel ist interessant, da hier Bretter seitlich "nach oben hin" von Leisten geradegehalten werden, m.E. eine eher untypische Deckelkonstruktion. Könnte aber seinen Sinn z.B. in einer Verwendung als Truhenbank haben, da möchte man ja nicht auf Truhenbändern hocken ;)
    Mich wundert auch, dass das Holz an den Innenseiten noch so vergleichsweise hell ist.
    Aber am merkwürdigsten empfinde ich die Bemalung. Für eine Bauernmalerei ist das m.E. extrem grob und nachlässig. Entweder war der "Maler" absolut kein Künstler, oder hier wird bewusst "Bezug" genommen auf mittelalterliche "Laienmaler"-Gestaltungselemente (wie z.B. die Ausmalungen der Zellen im Kloster Wienhausen/Celle - passt jetzt geographisch nicht, aber nur so als Beispiel). Da eine Truhe oft "das" Möbelstück schlechthin in einem Haushalt ausmachte, und man sich daher mit der Gestaltung dieser üblicherweise ziemlich viel Mühe gab, stelle ich hier mal vorsichtig die Vermutung in den Raum, dass diese Truhe als Ganzes nicht so wahnsinnig alt ist, wie sie vorgibt, sein zu wollen. Also vielleicht eher Mitte 19. Jh. Ob nun einzelne Teile davon tatsächlich älter sind, kann ich aber so aus der Ferne auch nicht ausschließen.

    Ich halte fest, dass es eine bunte Mischung ist:
    1. Kugelfüße gibts so ab der Renaissance, später flachen sie ab zu "kissenförmigen" Füßen
    2. Das Schloss *scheint* m.E. um 1800/Anfang 19. Jh. zu sein (man möge mich bitte berichtigen, falls nötig!)
    3. Die Malerei tut mittelalterlich oder ist an osteuropäische Ornamentik angelehnt
    4. Kiefer spricht für Heide, "Bergregionen" oder Osteuropa
    5. Bei Herkunft "Bergregion" würde man allerdings eine feinere Bemalung erwarten (z.B. Tiroler Bauernmöbel)
    6. Fraßgänge sind offen zu sehen

    Ich *glaube*, es ist ein im osteuropäischen, ländlichen Umfeld des Historismus entstandenes Stück, was m.E. seinen speziellen Reiz hat.
    Könnte also stimmen, mit dem Sudetenland.

    *Alle Angaben ohne Gewähr ;) *

    • Offizieller Beitrag

    Eine schöne Bauerntruhe aus dem späten 18. oder frühen 19. Jh. hast du da. Sie kann auch sehr gut aus dem Thüringischen sein. Die Konstruktion mit den seitlichen Nutleisten, die mit Holznägeln am Deckel befestigt sind ist vollkommen typisch für derartige Flachdeckeltruhen. Auch die einfache barocke Malerei und das Tulpenmotiv würde ich eher dort sehen. Das Zangenschloss ist ein ganz typisches Truhenschloss und wurde bis weit ins 19. Jh. verwendet. Innen sehen diese Truhen manchmal nach 200 Jahren aus wie neu.

    Grüße aus dem Holzland (Osterurlaub ;-))

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