• Offizieller Beitrag

    Dann mal wieder Papier mit einer netten Geschichte aus meiner Sammlung.

    Heute gehört es zu den Selbstverständlichkeiten, dass Gehaltszahlungen elektronisch auf Bankkonten erfolgen - ganz automatisch, pünktlich und unkompliziert. Wer von den jüngeren Menschen (damit meine ich die Generationen unter 40) weiß den noch, dass es früher in vielen Berufen vor allem im Handwerk und bis zuletzt im Baugewerbe üblich war, Löhne in einer Lohntüte auszuzahlen, meistens wöchentlich. Am Zahltag kam der Vater dann mit der Lohntüte nach Hause aus der er bestenfalls etwas Kleingeld für Süßigkeiten oder Obst für die Kinder entnommen hatte und den Rest an Mutter gab die das Geld dann für den Haushalt verwendete, ungünstigenfalls hatte er einen mehr oder weniger großen Teil des Lohnes schon mal in der Kneipe in ein oder mehrere Feierabendbier ungesetzt...was regelmäßig zu Streit führte. Zahltag war bei vielen Familien daher auch ganz schon stressig....nun ja was blieb war die Tüte die aber selten aufgehoben wurde (obwohl sie wegen Steuerrückfragen aufbewahrt werden sollte) wenn das Geld erst mal alle war.

    Vor einiger Zeit konnte ich einige blanko Lohntüten auf einem Flohmarkt für ein paar Cent erwerben...heute sind sie ein Teil meines persönlichen Panoptikums.

    Sie stammen aus den 40iger Jahren des 20. Jahrhunderts. Aufgedruckt sind neben den Angaben für die Abrechnung die händisch eingetragen werden mussten, Unfallverhütungsratschlägen in Wort und Bild (Zeichnungen).

    Ich denke auch etwas was es wert ist hier mal zu zeigen.

  • Servus

    Interessant auf jeden Fall.
    Bei mir gab es noch Abschlag und Spitze , also 2 Lohntüten.
    Bevor die EDV - Technik eingeführt wurde.

    Aufgehoben wurden die Lohntüten jedenfalls nicht,
    der Inhalt war halt wichtig. :D

    • Offizieller Beitrag

    Interessant auch die Auflistung der Abgaben denen der Lohn unterzogen wurde: neben Lohnsteuer, Unfallversicherung (Invalidenversicherung), Krankenkasse und Arbeitslosenversicherung gab es noch

    Wehrsteuer - Mit Gesetz vom 20. Juli 1937 wurde eine Wehrsteuer eingeführt, die ab 1. September 1937 erhoben wurde. Sie galt für alle deutschen Staatsangehörigen, die nicht zur Ableistung des zweijährigen aktiven Wehrdienstes einberufen wurden. Die Steuer sollte die wirtschaftlichen Vorteile ausgleichen, die die nicht Einberufenen durch zwischenzeitliche Arbeit erlangen konnten. Die Steuerpflicht begann am Anfang des Kalenderjahres, das auf den Zeitpunkt der Einberufung des entsprechenden Geburtsjahrganges folgte und endete am Schluss des Kalenderjahres, in dem der Steuerpflichtige das 45. Lebensjahr vollendet hatte.
    Die Steuer wurde auf die Einkommensteuer berechnet und betrug in den ersten beiden Jahren der Steuerpflicht 50 %, danach 6 %. Jedoch lag die Mindeststeuer in den ersten beiden Kalenderjahren bei 4 % des Arbeitslohnes, danach bei 5 Promille.


    Deutsche Arbeitsfront-Abgabe - der Beitrag zur D.A.F. wurde von jedem Arbeiter direkt vom Lohnkonto (im Durchschnitt monatlich 1,5 bis 2 Reichsmark) abgezogen.


    und Bürgersteuer - Die Bürgersteuer wurde von den Gemeinden und Städten im deutschen Reich erhoben, betrug ein Prozent des Arbeitslohnes, wurde vom Arbeitgeber einbehalten und auf der Lohnsteuerkarte verzeichnet. Zum Lohn wurden Unterkunft, Verpflegung, Zuschüsse, Vergünstigungen, selbst der Nachmittagskaffee auf den „Reichspfennig“ genau eingerechnet. Statt des Einkommens konnte auch das Vermögen besteuert werden.
    Um eine vollständige Kontrolle zu bewirken, wurden die verschiedenen Datenspeicher vernetzt. Die Gemeindebediensteten durften zu Prüfungszwecken die Akten der staatlichen Finanzämter und sogar der Ortskrankenkassen einsehen: „Aus Gründen der möglichst restlosen Erfassung der Arbeitnehmerbürgersteuer ist den Gemeinden dringend zu empfehlen, von dieser Ermächtigung zur Mitwirkung bei den Außenprüfungen Gebrauch zu machen.“Im Gegenzug gewährten die Meldebehörden den Finanzämtern Einblick in ihre Personenstands- und Melderegister. „Die Grundlage für die Außenprüfungen hätte eine Arbeitgeberkartei zu bilden, die aufgrund der Einträge in die Personenstandslisten jeweils auszustellen wäre.“ Die Diskriminierung wurde bereits im Gesetzestext festgelegt. „Kinderermäßigung steht dem Steuerpflichtigen zu, wenn am Stichtag mindestens zwei minderjährige Kinder zu seinem Haushalt gehört haben. Für Kinder, die Juden sind, wird Kinderermäßigung nicht gewährt.“Von der umfassenden Bespitzelung ausgenommen waren die ledigen, kasernierten als Berufssoldaten dienenden Angehörigen der Wehrmacht, der Schutzpolizei, des Reichsarbeitsdienstes und der Waffen-SS. Sie wurden nicht einzeln überprüft, sondern gesammelt angemeldet.

    Big Brother noch ganz ohne EDV und IT Technologie...

    Bei der Fülle von Abzügen sind wir mit unserem Soli noch recht günstig dabei.... :D

    Mit besten Sammlergrüßen

    Gratian

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    3 Mal editiert, zuletzt von Gratian (28. Januar 2018 um 13:46)

    • Offizieller Beitrag

    :-):-):-)

    Danke für diesen interessanten und aussagekräftigen Thread.

    Ich kann mich noch gut erinnern, wie Bauarbeiter in meiner Stammkneipe Freitags gegen 15 Uhr dort eintrudelten und gegen 3 Uhr in der Frühe einen Bierdeckel mit 120 Glas Kölsch-Bier vorzeigen konnten. Sie hatten den Gürtel ihrer Maurerkleidung sorgfältig um die Haltestange am Tresen festgebunden und diese wurde nur zum Besuch der Herrentoilette geöffnet. Die 120 Glas Kölsch rührten nicht daher, dass die Leute sich besonders spendabel gezeigt hatten.

    Meistens hatten diese Arbeiter noch eine rel. klare Vorstellung davon, wie sie dann nach Hause kamen, nämlich oft mit dem Auto, was aber in den späten Sechzigern und frühen Siebzigern noch nicht so streng geahndet wurde.
    Dies Herren hatten dann zur Freude des Wirteehepaars ihre gesamte Lohtüte versoffen.

    Wie sie das ihren Ehefrauen zu Hause schüssig erklären wollten, blieb mir immer ein Rätsel. Soche Erlebnisse hatte ich viele zu dieser Zeit im Mausereck, Ecke Olpener-Straße und Mauspfad in Köln Brück. Hätte ich all mein Geld für das von mir versoffene Bier in die Immobilie dort angelegt, würde mir wahrscheinlich heute noch die halbe Kneipe gehören.........aber, was solls, Besitz belastet.

    Liebe Grüße Winfried


    Mein Avatar zeigt ein Narrenflötchen des 16. Jahrhunderts aus dem Töpferort Raeren.

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