Alter Schrank in unserem Restaurant - Scheunenboden Fund aus der Nachkriegszeit

  • Nabend!

    meine Verlobte ist selbstständige Gastronomin in 5ter Generation in der Lüneburger Heide. Seitdem sie denken kann steht im Frühstücksraum der besagte teilweise vergoldete Schrank. Ihre Oma hat ihn in der Nachkriegszeit von dem Scheunenboden eines damals benachbartem Hofes geschenkt bekommen. Dieser existiert inzwischen nicht mehr.

    Der Schrank ist im ganzen Ort bekannt und wird anscheinend von vielen beneidet und als besonders wertvoll geschätzt. 8)

    Fast schon regelmäßig wird von Wildfremden nach dem Kaufpreis gefragt.

    Jetzt möchten wir natürlich wissen ob das Ding wirklich so besonders und wertvoll ist. Ein Bekannter von uns vermutet das er von einem Gutshof bzw Adelsgeschlecht stammt. Wohl vor der Ankunft den britischen Besatzern versteckt?

    In welchem Raum könnte er gestanden haben?
    Bei uns ist Besteck und Geschirr verstaut. Da passt wirklich verdammt viel rein! :) Wir vermuten das er in einem Esszimmer stand. Vorne eine Ablage zum herrichte von Geschirr und Besteck? Bevor wir uns eine Profi bestellen würde mich eure Einschätzung sehr freuen! :lol:

    Mir ist klar das einige unterstellen das wir nur einen Wert als ungefähre Richtlinie zum verscherbeln haben wollen.

    Für kein Geld der Welt kommt der Schrank weg! Er gehört untrennbar zum Haus. Nichtsdestotrotz interessiert uns natürlich was für eine Summe tendenziell veranschlagt werden würde. Ist ja auch berechtig oder? :roll:

    Ich freue mich auf eure fachmännischen Einschätzungen bzgl. Herkunft, Nutzen, Alter, Qualität, Wert, Zustand usw.

    Vg

    Andreas

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    da möchte ich doch als erster meinen Senf dazu loswerden, allerdings bin ich kein Antiquitätenhändler und sammle auch keine antiken Möbel (dazu fehlt mir einfach der Platz).
    Ein paar wichtige Hinweise kann ich dir (hier wird traditionell geduzt) geben. Für eine Einschätzung sind auch Bilder von hinten nötig (Rückwand), dann von den Schubläden (Böden, Schlösser etc.) und von den Türen (Scharniere oder Klavierband drin, gibt schon Aufschlüsse über das Alter).
    Ein uralter Schrank ist es jedenfalls nicht, man sieht Elemente des Rokoko (z.B. Türfüllungen), aber auch der Renaissance (z.B. Delphine als Regalstützen), es ist also ein eklektizistischer Stil. Wenn die Herkunft geklärt ist, was man unter anderem an der Bauart erkennt, lässt sich auch etwas über das Alter sagen. Wenn er deutsch ist, ist es ein Schrank aus dem Historismus (grob um 1880-1900).
    Ein Buffet muss er nicht wirklich sein, ist aber möglich. In erster Linie ist er auf reine Repräsentanz gearbeitet, er macht also ordentlich was her. Er kann aus adligem Umfeld stammen, hat aber keinen direkten Hinweis darauf (Adelswappen, welches eingearbeitet wurde).
    Der Schrank kann durchaus ein Einzelauftrag gewesen sein. Der Wert schwankt stark, da er bei euch im Ort sehr bekannt ist, ist es jedenfalls ein wertsteigernder Vorteil.

    Gruß Chippi

  • Vielen Dank für deine schonmal recht aufschlussreiche Antwort!

    Bilder von der Rückwand reiche ich morgen nach. In dem Schrank steht Geschirr für 120 Personen etc.

    Hier nochmal einige Bilder:

  • Uns ist völlig klar das der "Wert" grade für sowas subjektiv ist.

    Für uns ist er zB unbezahlbar.:-)

    Es wäre nur mal interessant zu wissen in welche Richtung es damals als Neupreis ging. Was für Leute haben sich sowas gekauft? Vom Preis eher Ikea oder vielleicht sowas wie Misura Emme?

    • Offizieller Beitrag

    Moin Andi,

    auch ich kein ausgewiesener Möbelexperte möchte zumindest meine Meinung dazu äußern. Vorab Willkommen hier im Forum. Die richtigen Möbelexperten werden sich noch melden.

    Wie Chippi schon schrieb nicht uralt aber extrem dekorativ - wenn man den Platz dafür - hat. Auf den Stilmix hat Cgippi schon hingewiesen der wohl deutlich in den Historismus also das späte 19. bzw. die Anfänge des 20. Jahrhundert weist. Einerseits gab es im Historismus durch die Industrialisierung - schnelles Wachsen der Städte und neue Erfindungen und technische Entwicklungen - neue Bedürfnisse und Funktionen, anderseits wollte man an vergangenen Kultur- und Stilepochen und deren Schmuckformen festhalten. Das äußerte sich dann in Möbelstücken die nicht nur technisch funktional waren sondern die Stilformen der vergangenen Zeiten mixten und immer etwas größer, schwerer und bombastischer waren als die Möbel der Zeiten die sie imitierten..

    In jeden Fall kein bäuerliches Stück sondern für den " gehobenen gut bürgerlichen Haushalt" gemacht der damals ja im Aufwind war und sich mit dem Adel messen wollte und insofern auch was Repräsentation und Auftreten betraf sich am Adel orientierte.

    Der damalge Wert bzw. die Anschaffungskosten waren wohl ordentlich (alleine die passgenau zugeschnittene und bearbeitete Marmor- (?) platte), der heutige Wert und damit wird es problematisch dürfte einiges darunter liegen... :(

    Warum? Möbel des Historismus haben in den letzten Jahrzehnten einen enormen Wertverlust erlitten. Unsere heutigen Wohnideen sind mehr auf Funktionalität, Minimalismus und "Unterordnung" eingestellt. Ein solches Möbelstück "springt" einen beim Betreten des Raumes förmlich an und entspricht nicht mehr den Vorstellungen der jüngeren, mobilen Generation. Zu dunkel, zu groß, zu schwer.
    Unsere heutigen Wohnräume sind in Höhe und Größe diesen wuchtigen Möbeln nicht mehr angepasst (siehe auch die von Chippi gemachte Bemerkung zur eigenen Situation :D) und so ist eine große Käuferschicht einfach entfallen. Und die Nachfrage bestimmt neben dem Angebot den Preis. Angebot an Historismusmöbeln gibt es noch relativ reichlich (wenn auch solche großen Objekte nicht ganz so oft zu finden sind) aber die Nachfrage...

    Ich finde das Stück passt ganz hervorragend in Euren Essbereich (die Deko mit den Bildern usw.) gibt den Gästen ein gemütliches, wohnliches behagliches Gefühl - genau richtig um in einen schönen Urlaubs- oder Arbeitstag zu starten.

    Mit besten Sammlergrüßen

    Gratian

    Alle meine Aussagen erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, jedoch ohne Gewähr für Ihre Richtigkeit. In keinem Fall wird für Schäden, die sich aus der Verwendung der abgerufenen Inhalte ergeben, Haftung übernommen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Gratian (9. März 2018 um 09:28)

  • Danke für deine umfangreiche Einschätzung! :)

    Ich werde mir mal einiges davon merken damit ich vor Gäste die nach dem Schrank fragen etwas mit Fachwissen prahlen kann. :-p

    Das Haus wird mittlerweile in 5ter Generation von der Familie meiner zukünftigen betrieben.

    Zum ersten Mal erwähnt wurde es im 17ten Jahrhundert. Die erwähnte Urkunde aus dem Ausschnitt von der Chronik existiert sogar noch und wird im Stadtarchiv verwahrt.

    Du glaubst garnicht was es hier zu entdecken gibt! :D

    Das andere Bild zeigt einen von mehreren Dachböden. Nachdem die Briten das Haus als Schreibstube übernommen haben, haben sie einfach alles unbrauchbare nach oben gebracht.

    Da oben ists gefährlich! Dielen könnten nachgeben.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Andi,

    ich bin beruflich viel unterwegs auch im Raum Fallingbostel, Dorfmark usw. ...die A7 rauf und runter Niedersachsen kreuz und quer... kann man bei Euch auch einen Kaffee trinken oder Mittags was essen?

    Die Dachböden der Gegend sind sicherlich noch wahre Fundgruben für allerlei Kunst und Trödel...

    Mit besten Sammlergrüßen

    Gratian

    Alle meine Aussagen erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, jedoch ohne Gewähr für Ihre Richtigkeit. In keinem Fall wird für Schäden, die sich aus der Verwendung der abgerufenen Inhalte ergeben, Haftung übernommen.

    Einmal editiert, zuletzt von Gratian (9. März 2018 um 15:29)

  • Klar gerne! Wir haben bis Ostern in der Woche mittags noch geschlossen. Küche gibts dann erst ab 17:30.

    Am Wochenende ist mittags natürlich geöffnet!

    (Ich empfehle die Schnitzel und zur Spargelzeit, dazu unseren selbsgeräucherten Schinken):cool:

  • Wir habe da vorhin mal drüber gesprochen und überlegt wie wir uns einen Überblick verschaffen könnten. Wollte einen Kronleuchter aus einer Kiste ziehen. Mir ist direkt ne Diele unterm Fuß zerbrochen. Und das war schon ziemlich am Anfang. Ich habe keine Ahnung wie man da sicher rankommen könnte.

    Am besten mal nen Fachmann drüber gucken lassen. Der Boden ist natürlich nicht überm Restaurant o.ä. Schwer zu erklären. Wie son Haus eben nach nen paar Jährchen aussieht.;)

    Edit: Jetzt hat mich die Neugier gepackt! Ich geh da jetzt rein. :p

    (Wenn ich nichts mehr poste, wisst ihr Bescheid.:eek:

    Einmal editiert, zuletzt von Andi1337 (9. März 2018 um 17:39)

    • Offizieller Beitrag

    Du hast ja nun noch einige Infos bekommen, vielleicht kommt noch mehr. Dreiwirbel ist hier der Möbelspezialist.

    Übrigens schöne Pressgläser, die im Schrank stehen, sind auch schon ein paar Tage älter. Der Stuhl daneben sieht aus wie 3.Biedermeier aus den 1920er Jahren.

    Die Dachböden: Da liegt viel Müll rum, der weg kann. Die Lampen sind älter bis unmodern, besonders die Kaufhaus- und Baumarktlampen der 80-90er Jahre will so gut wie keiner. Die Federkernlattenroste auch nicht. Aber super Spielzeug für Kinder... Also ich bin als Kind immer darauf rumgesprungen.
    Die Papiersachen sind bestimmt interessant, aber vermutlich fast alle hinüber. Wenn die Dielen brechen, dann ist zu viel Feuchtigkeit im Spiel, sprich Undichtigkeiten des Daches. Das ist für den gesamten Inhalt der kammern schlecht.

    Gruß Chippi

  • Mit den Bildern wollte ich nur deutlich machen welche Dimensionen das ganze hat.:-)

    Meine Schwiegermutter hebt so ziemlich alles auf weil man es noch gebrauchen kann. Falls mal Karton Knappheit herrscht hat sie auf jeden Fall vorgesorgt.:p

    Im Prinzip hat sie nur die Tradition weitergeführt und eben alles aufgehoben.

    90% von dem Kram ist mit Sicherheit uninteressant. Man möchte ja aber wissen was zB in den Koffern ist oder was sich unter den ganzen Möbeln verbirgt. ;)

    Auf dem anderen mittlerweile saniertem Dachboden war zB jede Menge Zeug mit NS Symbolik. Flaggen, Teelicht Halter, Tischdecken, viele verschiedene Bücher und vieles mehr. Wurde wohl leider alles zu einem Spottpreis an einen Sammler verkauft. Das ist aber auch schon wieder 30 Jahre her.

    Einmal editiert, zuletzt von Andi1337 (9. März 2018 um 21:02)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Ich empfehle die Schnitzel und zur Spargelzeit, dazu unseren selbstgeräucherten Schinken

    :) das ist meine Welt.... :eek:

    Schick mir doch mal die Adresse per PN (wir wollen hier ja keine Werbung machen)... :D

    Mit besten Sammlergrüßen

    Gratian

    Alle meine Aussagen erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, jedoch ohne Gewähr für Ihre Richtigkeit. In keinem Fall wird für Schäden, die sich aus der Verwendung der abgerufenen Inhalte ergeben, Haftung übernommen.

  • Ohne jetzt irgendwie angeben zu wollen....: :D:p

    Der Schinken ist komplett selber gemacht! Das Fleisch kommt vom Bio Hof Ihres
    Onkel in der Nachbarschaft. Gewürzt wurde der Schinken nach Oberösterreichischer Art! Mein Schwiegervater ist nämlich Fleischermeister aus der Nähe von Linz.

    (Das ist jetzt etwas zu sehr offtopic aber ich wollte euch mal Zeigen was hier so alles gemacht wurde und noch wird.)

    Ich wünsche ein schönes Wochenende!

    VG Andreas

  • ja ich bin vor allem an der Gastronomie interessiert. Der leckere Räucherschinken...muss gleich wieder an den Kühlschrank.....:D
    das Möbel kommt für mein unmaßgebliches Dafürhalten aus dem Aachen Lütticher Raum, aber Anfang 20tes Jahrhundert wilhelminische Ära, die Verarbeitung ist sehr hochwertig, es war mal sehr teuer. es ist das Neorokoko des auslaufende Historismus. Das Möbel ist mal für eine großbürgerliche Stube gemacht in die Gastronomie passt das hervorragend

    In Hessen ist der Dativ dem Genitiv sein Tod

  • So da bin ich auch mal wieder meine Vorschreiber haben eigentlich zur Zeit und Stil schon alles gesagt.

    Wert ist ein Stück immer soviel wie einer bereit ist zu zahlen. Davon abgesehen ist es ein wirklich schones Stück was aber schon viel erlebt hat da gibt es weit aus schönere Stücke in besserem Zustand deswegen nicht erschrecken über meine Preisliche einschätzung.

    Händler werden dir maximal um die 250-300,-€ dafür bieten an Endverbraucher in dem Zustand kannste um die 600,-€ erwarten mehr ist da nicht drin.

    Aufgearbeitet wird so ein Stück bei Ebay um die 1200,-€ VB gehandelt und meist zwischen 800-1000 Verkauft dann aber in einem besseren Zustand.

    Lieben gruß
    Sascha

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